
Neuropathische Schmerzen & Schlafstörungen lindern durch Therapie mit medizinischem Cannabis – Ein aktueller Überblick
Medizinisches Cannabis ist seit Jahren ein Thema mit zunehmender Relevanz. Durch die kommende Legalisierung von THC-Produkten im Allgemeinen wird immer mehr über die positiven Aspekte des Naturproduktes gesprochen. So hat Cannabis als Medikament u. a. den Vorteil, dass es neuropathische Schmerzen lindert und bei Schlafstörungen hilft – Erfahren Sie in diesem Artikel mehr!
Schmerztherapie bei Cannabis
Eine schmerzlindernde Wirkung wird den THC-Produkten seit jeher nachgesagt. Dass dies eine Tatsache ist, wird tendenziell auch von der Forschung anerkannt und viele Ärzte verschreiben bereits seit einigen Jahren Cannabis als Schmerzmittel und zur Behandlung psychischer Leiden. In der Praxis ist das Medikament für viele Menschen eine echte Erleichterung. Ob der Effekt aber nun subjektiv auftritt oder wissenschaftlich nachweisbar ist, konnte bisher so genau nicht gesagt werden. So existieren kaum klinische Studien, die sich mit dem Thema befassen. Am Rande gibt es jedoch zahlreiche Hinweise auf eine positive Wirkung bei Schlafstörungen und darauf, dass die Verwendung von medizinischem Cannabis in der Schmerztherapie konkret bei Nervenleiden erfolgreich sein dürfte. Im Folgenden fassen wir einige der wichtigsten Ergebnisse aktueller Studien, in denen Cannabis bei Schmerzen verwendet wurde, zusammen.
Cannabis gegen Nervenschmerzen und Schlafstörungen: Neue Ergebnisse

In der im September 2023 veröffentlichten Studie der europäischen Telemedizin-Plattform Algea Care wurde in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf konkret nach den Wirkungen von Cannabis bei neuropathischen Schmerzen gefragt. Dabei wurden 99 Patienten im Alter von 20 bis 81 Jahren mit dem Präparat in Sprayform behandelt. Diese Teilnehmer litten zu dem Zeitpunkt unter chronischen Nervenleiden – medizinisches Cannabis gegen die Schmerzen einzusetzen, konnte von den Studienleitern als evident erfolgreich beschrieben werden. Eines der wichtigsten Ergebnisse der Algea Care Untersuchung war es, dass Cannabis neuropathische Schmerzen signifikant lindert. So waren bei vielen Teilnehmern die Schmerzwerte um etwa 37,5 bis 50 Prozent niedriger.
Signifikante Schmerzlinderung
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Algea Care Studie von 2023 ist, dass medizinisches Cannabis gegen Schmerzen hilft und diese bei vielen der Patienten deutlich reduziert hat. Lag der mittlere Schmerzwert anfangs bei 96 Prozent der Teilnehmer bei über 6 von 10, so sank er zum Ende der sechswöchigen Studie auf durchschnittlich 3,75 herab. Die Anzahl der Patienten mit starken Schmerzen von einem Wert über 6 wurde somit von 96 Prozent auf 15 Prozent verringert. Das ist insofern bemerkenswert, als es zuvor keine derart konkreten Studien zu diesem Thema gab. Immerhin wird die Evidenzlage zu Cannabis bei neuropathischen Schmerzen durch einige andere Untersuchungen gestärkt, bei denen Cannabinoide z. B. mit Opiaten verglichen wurden und gerade in Hinsicht auf die toxischen Nebenwirkungen deutlich besser wegkamen. So wurde die zusätzliche Verwendung von medizinischem Cannabis zusammen mit bereits bestehender Schmerzmedikation in einer Studie der Universität von Parma im Jahr 2017 geprüft und nahezu alle Teilnehmer fühlten sich in Folge der Einnahme besser. In Großbritannien kam man zum Schluss, dass Studienpatienten, die ein THC-Produkt bekamen, ebenso unter geringeren Schmerzen litten, als diejenigen, die mit einem Placebo behandelt wurden. Zudem half das angewendete medizinische Cannabis gegen Schlafstörungen bei den Patienten.
Schlafstörungen deutlich reduziert

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Algea Care Studie ist, dass medizinisches Cannabis gegen Schlafstörungen zu wirken scheint. Die Mehrheit der Teilnehmer litt unter erheblichen Problemen beim Einschlafen mit einem mittleren Wert von 8 von 10. Bereits nach der ersten Testphase konnte eine Verbesserung bemerkt werden. Mit einem fast sechs Monate langen, konstanten Ergebnis von durchschnittlich 2 anstelle von 8 von 10, konnten sehr deutliche Schlüsse für die Nutzung von Cannabis bei Schlafstörungen gezogen werden.
Allgemeinzustand, Therapieverträglichkeit und Nebenwirkungen
Nach dem Abschluss der Algea Care Studie sprachen etwa 90 Prozent der Patienten im Video-Interview von einer Verbesserung ihres Allgemeinzustandes und während der gesamten Testphase waren es sogar 99 Prozent. Solche aussagekräftige und überzeugende Ergebnisse kommen sonst bei nur wenigen anderen Untersuchungen zustande – entsprechend sollte der medizinischen Wirkung von Cannabis und vor allem Cannabis als Fertigarzneimittel gegen neuropathische Schmerzen sowie Schlafstörungen mehr Bedeutung beigemessen werden. Anders als bei Opiaten sind die Nebenwirkungen sehr gering: Trockenheit der Schleimhäute, Müdigkeit und gesteigerter Appetit waren die am häufigsten genannten milden Begleiteffekte. Sie sind aber vermutlich auch sonst jedem herkömmlichen Konsumenten von Cannabis bekannt.
Die Wirkung von Cannabis gegen Nervenschmerzen – Untersuchungsergebnisse im Überblick
- Medizinische Wirkung von Cannabis vor allem bei der Schmerzreduktion relevant: Nach nur sechs Monaten konnte bei vielen Patienten mit neuropathischen Leiden der Schmerzwert um ca. die Hälfte gesenkt werden
- Eine überwältigende Mehrheit der Teilnehmer hatte bereits nach der ersten Testphase weniger Schlafstörungen – die Reduktion von durchschnittlich 8 auf 2 aus 10 hielt bis zum Ende der Studie an
- Es wurden von keinen schweren Nebenwirkungen erkannt
- Nur leichte Begleiteffekte wie größerer Appetit und Trockenheit der Schleimhäute
Patienten mit neuropathischen Schmerzen profitieren besonders von Cannabis

Bei der Antwort auf die Frage, bei welchen Krankheiten Cannabis als Medizin besonders wirkt, stehen die chronischen und neuropathischen Schmerzen ganz oben. Aus den Teststudien zum Cannabis-Fertigarzneimittel Nabiximols, ein Mundspray, das unter dem Namen Sativex® vertrieben wird, ging so hervor, dass gerade bei neuropathischen Schmerzen eine starke bis sehr starke Linderung eintrat. Bei anderen Leidensarten wie gemischten Schmerzen und nozizeptiven Schmerzen lagen die Werte deutlich darunter. Nach diesen Resultaten spricht also vieles dafür, Cannabis bei Patienten mit einem solchen Schmerzbild einzusetzen. Bisher wurden dabei vor allem Medikamente in Form von Sprays getestet.
Fazit und Ausblick zur Cannabis-Therapie bei neuropathischen Schmerzen & Schlafstörungen
Insgesamt sehen die Aussichten nach den zitierten Studien für medizinisches Cannabis und seine Wirkung durchaus positiv aus. Die Resultate weisen darauf hin, dass das Präparat neuropathische Schmerzen und Schlafstörungen deutlich lindern kann. Andererseits sollten Ärzte und Patienten die psychischen und physischen Nebenwirkungen nicht unterschätzen und das Medikament erst nach einer gründlichen Voruntersuchung verschreiben. Der Schlüssel zum Erfolg von medizinischem Cannabis ist die Dosierung. Diese sollte zunächst niedrig eingestellt und später schrittweise erhöht werden. Neben Sprays sind mittlerweile viele weitere Darreichungsformen verfügbar, insbesondere Konzentrate, Öle und Substanzen zum Inhalieren. Dass Cannabis-Medikamente keine Wunder bewirken, sollte jedem klar sein. Angesichts der deutlichen Ergebnisse können sie aber ein wichtiger Baustein bei der Schmerztherapie werden. Aufgrund des schlechten Images der Cannabinoide in der Vergangenheit haben sich Forscher lange Zeit nicht mit dem Thema auseinandergesetzt. Entsprechend braucht es in den nächsten Jahren noch viele weitere Studien, um das gesamte Potenzial von medizinischem Cannabis gegen Schmerzen, Schlafstörungen und andere Symptome erkennen zu können. Was deutlich für das Mittel spricht, ist, dass es viele positive Effekte gibt und die Nebenwirkungen im Gegensatz zu anderen Wirkstoffen wie Opiaten überwiegend gering sind.